Vor Lillit erstreckte sich eine weite Fläche aus Eis und Schnee, doch überall wuchsen Pflanzen. Gefrorene Blumen, deren Blütenblätter wie aus Kristall geformt waren. Die Luft war still, und das Licht, das von den Pflanzen ausging, ließ die gesamte Szene wie ein Märchen wirken.
Lillit ging vorsichtig weiter, ihre Pfoten hinterließen Spuren im frischen Schnee. Sie schnupperte in die Luft, doch der Duft der Pflanzen war kühl und fremd, wie eine Mischung aus Frost und der Süße von Honig. Sie folgte den Spuren des Hüters durch den Garten, bis sie zu einer großen, glitzernden Blume kam, die in der Mitte der Lichtung wuchs.
Die Blume schien aus reinem Eis zu bestehen, ihre Blütenblätter leuchteten wie Diamanten. Lillit blieb stehen und betrachtete sie voller Staunen. Plötzlich hörte sie ein leises Rascheln und aus der Blume trat eine Gestalt hervor, die genau wie die Blumen schimmerte.
Ihre Form erschien menschlich, doch ihre Arme und Beine wirkten wie aus Pflanzenranken geformt, überzogen von Frost. Ihre Augen waren tief wie Gletscherseen und leuchteten sanft in der Dunkelheit.
„Willkommen, kleiner Hund“, sprach die Gestalt mit einer ruhigen, Stimme, die wie das Knacken von Eis klang. „Ich bin Elyra, die Bewohnerin des gefrorenen Gartens. Warum bist du hier?“
Lillit richtete sich auf und sprach mutig: „Ich folge den Spuren des Hüters, um das Herz des Winters zu finden.“
Elyra neigte den Kopf und betrachtete sie einen Moment lang. „Die Spuren führen dich weit, doch dieser Garten ist kein Ort, den man ohne Prüfung verlässt. Wenn du weitergehen willst, musst du das Geheimnis des Gartens lösen.“
Elyra hob eine Hand und die gefrorenen Pflanzen begannen zu leuchten. „In diesem Garten gibt es Leben trotz des Winters“, erklärte Elyra. „Doch nur eine dieser Pflanzen ist echt. Finde sie.“
Lillit sah sich um. Die Blumen sahen alle identisch aus – funkelnde Kristalle in den verschiedensten Farben. Doch wenn nur eine von ihnen echt war, musste es etwas geben, das sie von den anderen unterschied.
Sie schnupperte an den Pflanzen, doch alle rochen gleich. Sie betrachtete die Formen der Blüten, doch auch sie waren perfekt. Schließlich erinnerte sie sich daran, was der Schneewandler ihr gesagt hatte: „Höre auf dein Inneres.“
Lillit setzte sich hin, um ihre Gedanken zu beruhigen. Mit geschlossenen Augen ließ sie die Umgebung auf sich wirken. Plötzlich spürte sie ein schwaches Prickeln – eine winzige Spur von Wärme, die aus einer Pflanze in ihrer Nähe kam.
Sie öffnete die Augen und näherte sich vorsichtig der Blume. Als sie sie mit ihrer Nase berührte, wurde das Licht der Pflanze heller und die anderen Blumen verblassten. Elyra lächelte.
„Du hast die Wahrheit erkannt“, sagte sie. „Das Leben spendet selbst im tiefsten Winter Wärme. Möge dieses Wissen dir den Weg weisen, wenn die Dunkelheit dich zu verschlingen droht.”
Lillit bedankte sich und setzte ihren Weg fort. Der Garten hinter ihr verschwand langsam im Nebel, Elyra’s Worte ein Vorbote dessen, was sie als nächstes erwarten würde.