Intricate Mace

Das Labyrinth der Stimmen

Lillit folgte dem Pfad weiter, den die sprechenden Eulen ihr eröffnet hatten. Sie dachte über die Frage des Schattens nach, während sie den Spuren des Hüters folgte. Sie führten sie tiefer in den Wald, wo die leuchtenden Farben der Bäume gedämpfter wurden und die Luft sich immer kälter anfühlte. Die Stille des Waldes war erdrückend, und nur das leise Knirschen ihrer Pfoten im Schnee begleitete sie.

 

Plötzlich veränderte sich der Weg. Die Bäume wuchsen dichter zusammen, ihre Äste verschlangen das Licht, bis nur noch ein schmaler Korridor aus dunklem, schimmerndem Holz übrig blieb. Lillit blieb stehen und schnupperte. Die Luft roch nach Moos und Frost, aber da war noch etwas anderes – eine Präsenz, die sie nicht benennen konnte.

 

„Dies ist das Labyrinth der Stimmen,“ erklang eine vertraute Stimme. Der Schneewandler tauchte wie aus dem Nichts vor ihr auf, seine Augen in der Dunkelheit leuchtend. „Nur wer den Weg der Wahrheit folgt, findet hinaus.“

„Was ist hier?“ fragte Lillit. Ihre Stimme war leise, fast ehrfürchtig.

 

„Der Wald wird dich erneut prüfen,“ sagte der Schneewandler. „Im Labyrinth flüstern die Stimmen der Magie. Manche führen dich, andere täuschen dich. Höre genau hin, denn deine Ohren und dein Herz sind die Schlüssel.“

 

Mit diesen Worten drehte sich der Schneewandler um und verschwand zwischen den Bäumen, als wäre er nie da gewesen. Lillit schluckte schwer, doch sie wusste, dass sie keine Wahl hatte. Sie musste weitergehen.

 

Als sie die ersten Schritte ins Labyrinth setzte, fühlte sich der Wald plötzlich anders an. Die Bäume schienen sich zu bewegen, ihre Äste bildeten neue Wege, während andere verschwanden. Und dann hörte sie sie: Stimmen, flüsternd und rauschend, wie ein geheimnisvoller Wind. Manche waren weich und freundlich, andere rau und scharf wie gebrochene Äste.

 

„Hier entlang, kleiner Hund,“ raunte eine Stimme sanft.

„Nein, du musst nach rechts gehen,“ drängte eine andere.

„Bleib stehen! Dreh um! Du bist in Gefahr!“ warnte eine dritte, lauter und eindringlicher.

 

Lillit blieb stehen und schloss die Augen. Sie erinnerte sich an die Worte des Schneewandlers: „Höre genau hin.“ Sie ließ die Stimmen durch ihren Kopf strömen, doch sie konzentrierte sich auf das, was sie wirklich fühlte. Nicht jede Stimme klang ehrlich. Einige wirkten zu freundlich, andere zu bedrohlich. Aber da war eine Stimme – kaum mehr als ein Flüstern – die sie instinktiv vertrauenswürdig fand.

 

„Folge mir,“ flüsterte die Stimme. „Ich bin die Stimme der Wahrheit.“

 

Lillit öffnete die Augen und bewegte sich vorsichtig in die Richtung, aus der das Flüstern kam. Der Weg schien sich vor ihr zu öffnen, die Äste wichen zurück, als ob sie sie hindurchlassen wollten. Die anderen Stimmen wurden leiser, doch hin und wieder erklang ein Versuch, sie zu verunsichern.

 

„Du wirst dich verirren! Hör auf uns!“ rief eine der bedrohlicheren Stimmen, doch Lillit schaffte es, sie zu ignorieren.

Schließlich erreichte sie eine Lichtung, die wie ein kleiner Ort der Ruhe im Chaos des Labyrinths wirkte. Die Luft war klar, und das Flüstern verstummte. Vor ihr lag eine weitere Spur, die glitzernd in den nächsten Teil des Waldes führte.

Plötzlich erklang die Stimme des Schneewandlers aus der Dunkelheit: „Gut gemacht, Lillit. Doch vergiss nicht: Der Weg der Wahrheit ist nie einfach. Die größten Täuschungen liegen oft in deinem eigenen Herzen.“

 

Bevor sie antworten konnte, war er wieder verschwunden. Lillit seufzte und setzte ihre Reise fort, das Labyrinth hinter sich lassend. Doch die Worte des Schneewandlers hallten in ihrem Kopf nach, und sie wusste, dass die Prüfungen noch lange nicht vorbei waren.

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